Balge. Im Idealfall schafft der „Mädchen- und Jungen Zukunftstag“ eine Win-Win-Situation: Schülerinnen und Schüler haben die Gelegenheit, einen Blick hinter die Kulissen der heimischen Betriebe zu werfen. Wirtschaft und Verwaltung können sich als interessante Arbeitgeber für die Fachkräfte von morgen präsentieren. Petra Bauer, Gleichstellungsbeauftragte des Landkreises, begleitete unter anderem Schülerinnen und Schüler beim Softwareentwicklungsunternehmen i.syde in Balge.
"Wir wollen Schülerinnen und Schüler im Landkreis Nienburg halten. Wir wollen ihnen zeigen, dass es bei uns eine enorme Vielfalt an hochinteressanten Berufsfeldern und Arbeitgebern gibt. Das ist eine Chance für die Region, für die Arbeitgeber und natürlich für die Schülerinnen und Schüler“, formuliert die Gleichstellungsbeauftragte die kommunale Sicht auf den „Zukunftstag“. Viele Unternehmen im Kreisgebiet seien europaweit aktiv. Selbst wenn diese Firmen den jungen Menschen bekannt seien – was längst nicht immer der Fall ist – fehle es oft an konkretem Wissen über Arbeitsinhalte und Berufsfelder im Unternehmen. Nicht zuletzt solle der „Zukunftstag“ aber auch helfen, geschlechtsspezifische Rollenklischees bei der Berufswahl aufzubrechen.
So gesehen freute sich Petra Bauer, dass sie in der „Softwareschmiede“ i.syde auf sechs Mädchen, aber lediglich zwei Jungen traf. „Das Interesse war noch viel größer, aber wir wollen mit den Schülerinnen und Schülern vernünftig arbeiten. Deswegen konnten wir nicht mehr nehmen“, sagt Anna Scholz, die sich bei i.syde um die jungen Gäste kümmerte. Auf Initiative des Unternehmens war Ina May von der may.talentförderung nach Balge gekommen. Sie vermittelt Schülerinnen und Schülern in Zusammenarbeit mit dem Roberta RegioZentrum Hannover praxisnahe Einblicke in Robotertechnologie und Informatik. Gemeinsam mit Anna Scholz standen die jugendlichen Gymnasiasten vor der Aufgabe, in Zweiergruppen selbst Roboter zu bauen und zu programmieren.
Ein recht anspruchsvoller Inhalt für einen Praktikumstag, und auch keine Spielerei, weiß Anna Scholz: Vieles aus dem täglichen Leben könne man in ,Robotersprache‘ abbilden; Wäschewaschen zum Beispiel oder Kaffee kochen. Das Programmieren der Roboter beim Zukunftstag verdeutlichte das Grundprinzip der Arbeit eines Entwicklers.
Die Mädchen und Jungen fanden den Tag spannend und interessant, und wenn man hört, für wen die Balger schon Programme entwickelt haben und was diese Programme leisten, wird deutlich, dass das an diesem Tag Erlebte nur die Spitze des Eisbergs ist. Einen Blick in die Zukunft erlaubte Ina May, deren selbst programmierter Roboter „weiß“, wenn er angesprochen wird, den Augenkontakt sucht und auf Wunsch Tai-Chi-Übungen absolviert, Fußball spielt oder Gangnam-Style tanzt. Schon bald könnten Roboter auch pflegebedürftige Menschen unterstützen, glaubt Anna Scholz.
Sie ist nicht die einzige Frau bei i.syde, doch die Männer sind deutlich in der Überzahl. „Wir haben kaum Bewerberinnen“, bedauert sie. Im technischen Bereich und insbesondere beim Umgang mit Computern brächten Jungen häufig ein Vorwissen mit in den Unterricht, das – durchaus talentierte -Mädchen abschrecken könne. „Und diese Mädchen fehlen uns hinterher“, ist Petra Bauer überzeugt. Das gelte umgekehrt, im sozialen- und Bildungssektor – ebenso. Dort gelte es, Jungs gezielt anzusprechen und zu ermutigen, sich von Klischees zu lösen. „In Grundschulen und Kindergärten bräuchten wir zum Beispiel viel mehr Erzieher!“, so die Gleichstellungsbeauftragte.